Katharin Bürger
(Zum Höhlentier der Jahre 2021, 2022, 2023 und 2024)
Die Union Internationale de Spéléologie (UIS) macht mit einer Reihe öffentlichkeitswirksamer Aktionen auf die Schutzwürdigkeit der Karstlandschaften und ihrer vielfältigen Karsterscheinungen aufmerksam. Eine dieser Aktionen ist die Auswahl eines internationalen „Höhlentier des Jahres“. Dabei wurde die Gruppe der Höhlenschmetterlinge ausgewählt, aus der jedes teilnehmende Land eine regional vorkommende cavernicole Schmetterlingsart auswählen und dieses der Öffentlichkeit und den Behörden als „Höhlentier des Jahres“ präsentieren kann.
Mit der Wahl des Wegdornspanners möchte der Verband Österreichischer Höhlenforschung gemeinsam mit den Deutschen und Schweizer Kolleg*innen darauf hinweisen, dass gerade bei der Erforschung der unterirdischen Ökosysteme und der darin vorkommenden Arten noch ein enormer Handlungsbedarf besteht.
Der Wegdornspanner (Triphosa dubitata) wurde im Jahr 1758 von Carl LINNAEUS erstmals für die Wissenschaft beschrieben. Der Schmetterling ist ein Nachtfalter, der regelmäßig in großen Individuenzahlen in Höhlen überwintert. Daher kommt auch der weitere deutsche Name „Olivbrauner Höhlenspanner“. Die Art sitzt gewöhnlich in größeren Gruppen an der Höhlenwand, seltener an der Decke, in der Eingangs-, Übergangs- und Tiefenregion. Der Falter hat eine Flügelspannweite von 3,8 bis 4,8 cm. Die Grundfarbe der Vorderflügel ist oliv- bis violettbraun. Die Hinterflügel haben eine hell graubraune Farbe und sind mit einigen undeutlichen Querlinien versehen. Sämtliche Flügel zeigen eine gewellte, schwarze Saumlinie. In der Ruheposition im Höhlenquartier haben die Falter die Flügel entweder teilweise oder ganz geöffnet und bilden ein Dreieck.
Außerhalb der Höhlen besiedelt die Art Waldränder, Auwälder, Trockenhänge und andere Standorte des Kreuzdorns, an denen die Raupen von Mitte Mai bis Anfang Juli fressen. Die Falter können – mit einer Pause im Mai/Juni – in einer überwinternden Generation fast das ganze Jahr in unterirdischen Hohlräumen angetroffen werden. Er kopuliert in den Höhlen. Die Eier werden im Frühjahr abgelegt.
Der Wegdornspanner ist von Nordwestafrika über Europa bis Ostasien verbreitet. In Österreich kommt er in allen Bundesländern vor und kann in den Alpen noch auf einer Meereshöhe von 2.200 m nachgewiesen werden. Er ist der am zweithäufigste gefundene Schmetterling und wurde in 30% der gemeldeten Fundorte in der Publikation „ Katalog der rezenten Höhlentiere Österreichs“ (Strouhal & Vornatscher 1975) dokumentiert. Der tiefste Fund liegt in 300 m Entfernung vom Höhleneingang.
Die flächendeckende Verbreitung in unseren Höhlen und die Tatsache, dass die Tierart auch für den Laien leicht erkennbar ist, führten dazu, dass der Wegdornspanner zum "Höhlentier 2025" gewählt wurde. Die Art steht für eine Vielzahl von Tierarten, die auf geschützte unterirdische Rückzugsorte angewiesen sind.
Weitere Informationen: https://hoehlentier.de/
Foto: Katharina Bürger.